INTERVIEW UND REVIEW: TEQUILA & THE SUNRISE GANG

von Sarah Weinberg | 21.10.2020

Frischer Ska/Punk/Rock von der Ostseeküste: Am 2. Oktober erschien "Home", das neue Album der Kieler Band Tequila & The Sunrise Gang. Im Interspricht spricht Sänger René unter anderem über die neue Platte, Superheldenkräfte und die aktuell angespannte Lage in der Kultur- und Veranstaltungsindustrie.

Foro: (c) Timo Wilke
Foro: (c) Timo Wilke

Nach Touren mit den Beatsteaks und Mad Caddies und ausverkauften Headline-Shows in Kiel, Hamburg und Hannover zählen Tequila & The Sunrise Gang zu Norddeutschlands erfolgreichsten Ska/Punk/Rock Bands. Neben der Musik engagiert sich die Band unter anderem für Organisationen wie Sea Shepherd, Greenpeace und Kein Bock Auf Nazis. Mit "Home" präsentieren TATSG nun nach zwei Jahren Arbeit ihr sechstes Studioalbum. Die Platte entstand fast ausschließlich in Eigenregie nahe der Kieler Förde. Für den Song "I'll Be Gone" holte sich die Kieler Band außerdem Unterstützung von Singer / Songwriter Tim Vantol.

 

"Home" umfasst 12 starke und eingängige Songs, die zum Tanzen und Mitsingen animieren. Die siebenköpfige Band bietet mit einer dreiköpfigen Bläsersektion und einer Orgel ein breites Spektrum an Instrumenten und löst somit eine unglaubliche Dynamik in ihren Songs aus. Egal ob schnelle Ska-Punk Strophen oder hymnengleiche Refrains: TATSG entfachen auf "Home" ein musikalisches Feuerwerk.


Hallo ihr Lieben. Danke, dass ihr uns ein paar Fragen beantwortet. Wie geht es euch denn zurzeit so?

René: Moin Sarah. Aber immer doch und wirklich sehr gerne! Vielen Dank für deine Nachfrage. Wir wollen das Thema natürlich nicht breiter treten als unbedingt nötig und generell ist man es einfach auch so überdrüssig darüber zu sprechen, aber wie so unendlichen vielen in der Kunst- und Kulturszene geht es uns gerade natürlich auch nicht besonders gut und die Durchhalte-Energie wird langsam weniger… aber wem erzähl ich das. ;) Unser Album-Release hat uns natürlich ordentlich Aufwind gegeben, aber dann mit seinen neuen Songs nicht auf die Bühne gehen zu können ist auch wieder so unendlich traurig. Ein ständiges Auf und Ab also.

 

Euer neues Album „Home“ erschien am 2. Oktober. Wie war das Feedback bis jetzt?

René: Bisher haben wir tatsächlich nur schönes, positives und freundliches Feedback bekommen – und das fühlt sich natürlich wahnsinnig gut an. Ob das nun an der Qualität des Albums, oder am fehlenden Mut der Redakteur*innen liegt, können wir persönlich schwer einschätzen. :) Wir sind zumindest sehr zufrieden mit unserem Schaffen und freuen uns riesig das Ergebnis so langer Arbeit endlich mit der Öffentlichkeit teilen zu dürfen.


"DER GRÖSSTE UNTERSCHIED ZU UNSEREN BISHERIGEN PRODUKTIONEN WAR, DASS WIR NICHT IN EIN STUDIO GEFAHREN SIND, SONDERN UNS DAS STUDIO QUASI NACH HAUSE GEHOLT HABEN"


Mit welchen Themen beschäftigt sich „Home“? Gibt es eine zentrale Message?

René: Nein, ein zentrales Thema gibt es soweit nicht. Das Album beschäftigt sich über die zwölf Songs hinweg mit diversen persönlichen, allgemeineren und aktuellen Themen und Problemen. Egal ob persönliche Geschichten, die Wut über den aktuellen Rechtsruck in Deutschland oder einen Abschiedsbrief von Mutter Erde an ihre Bewohner: Auf HOME ist inhaltlich vieles zu finden. Also, mal Texte nachlesen lohnt sich auf jeden Fall. ;)

 

Nehmt uns doch bitte ein bisschen hinter die Kulissen der Albumproduktion: Wie verlief die Produktion im Vergleich zu euren vorherigen Releases? Wo wurde die Platte aufgenommen? Und hatten die Umstände der vergangenen Monat Einfluss auf die Art und Weise der Produktion?

René: Der größte Unterschied zu unseren bisherigen Produktionen war, dass wir nicht in ein Studio gefahren sind, sondern uns das Studio quasi nach Hause geholt haben. Neben der freien räumlichen Auswahl (zum Großteil der Keller von Renés Vater) war uns dabei besonders der Zeitfaktor sehr wichtig. Wir haben uns ein Setting geschaffen, in dem wir rund um die Uhr und komplett ungestört an den Songs und den Aufnahmen feilen konnten – und das in einem privaten und vertrauten Umfeld. Diese „Entspannung“ macht eindeutig einen riesigen Unterschied zu allen bisherigen Produktionen aus und wir können uns kaum vorstellen, es nochmal anders zu machen.

Natürlich hat uns Corona am Ende des Recordings dann auch noch eingeholt und diverse gemeinsame Gesangs-Sessions zunichte gemacht. Aber zum Glück konnten wir die einzelnen Spuren im Home-Recording aufnehmen und am Ende beim Mischen in einen schönen Männerchor zusammenbauen. Nicht die beste Lösung, aber es hat funktioniert.

Welche Superheldenkraft hättet ihr gerne?

René: Tatsächlich eine Frage, über die bei uns im Tourbus relativ häufig diskutiert wird – wenn auch ohne konkrete Ergebnisse. Soweit können wir festhalten: Malte wäre auf jeden Fall gerne glipschig und René gerne pieksig. Was damit genau anzufangen ist, und was der Rest der Bande sich wünscht wird wohl nie wirklich geklärt werden …

 

Wenn ihr entscheiden dürftet, welche Band oder welche/r KünstlerIn eure Songs mal covert – wer sollte das sein?

René: Oh-je, sehr schwer. Bei acht Musikern, die auch noch aus diversen musikalischen Richtungen zusammengefunden haben, würde es wohl erstmal eine große Keilerei geben. Und auch danach würde es wahrscheinlich weiterhin einige unterschiedliche Meinungen geben. Grundsätzlich würden wir uns aber natürlich riesig drüber freuen, wenn überhaupt jemand erstmal einen unsere Songs so gut finden würde, um davon eine Cover-Version zu machen… aber was nicht ist...

 

Szenario: Ihr veranstaltet euer eigenes Festival. Welche drei Headliner (außer euch selbst natürlich) spielen auf dem Festival?

René: Erstmal gleiches Szenario wie bei der letzten Frage. Am Ende würde dann wahrscheinlich eine relativ absurde Mischung aus Manu Chao, den Beatsteaks und Manowar im Topf landen… und noch zwanzig weitere Kandidaten. Ist bei acht Musikern wirklich keine leichte Entscheidung. Es wäre sicherlich eines der abwechslungsreichsten Festivals aller Zeiten.

 


"MAN KANN, UNSERER MEINUNG NACH, NICHT OFT GENUG AUF DIE SCHWERE SITUATION DER GESAMTEN KUNST- UND KULTURSZENE HINWEISEN."


Was sind eure Pläne für die kommenden Monate?

René: Wir versuchen natürlich weiterhin den Leuten zu zeigen, dass es uns, unsere Musik und unser neues Album überhaupt gibt. Und das natürlich aktuell ohne Live-Gigs. Dazu planen wir gerade mögliche Alternativen zu einer Release-Tour und haben aber zusätzlich noch ein bis zwei schöne Sachen im Köcher. Man kann also gespannt bleiben. Wir lassen nicht locker!

 

Eine letzte Message an die Leser? Was möchtet ihr noch loswerden?

René: Man kann, unserer Meinung nach, nicht oft genug auf die schwere Situation der gesamten Kunst- und Kulturszene hinweisen. Es ist aktuell so viel in Gefahr und die Live-Branche wird sicherlich nie mehr so werden, wie sie einmal war. Clubs und Veranstalter, Booker und Promoter, Sound- und Lichttechniker sowie Tourbusvermieter und Caterer (und noch so so viele mehr!) machen gerade eine unendlich harte Zeit durch und müssen sogar teilweise ihre Tätigkeit einstellen. Nehmt diese Leute und diese so wichtige Branche bitte nicht für selbstverständlich und unterstützt sie so gut es irgendwie geht! Lasst die Kunst- und Kulturszene nicht sterben. Danke!