INTERVIEW: BRUCKNER

Berlin Verträumt, poetisch und immer ein kleines Schmunzeln auf den Lippen - so könnte man die zwei Brüder Jakob und Matti wohl am besten beschreiben. Mit ihren lyrisch wertvollen Texten, die sowohl spielerisch und leicht, als auch verträumt und nachdenklich klingen, verzaubert das Duo unsere Ohren und schickt uns in die Unbeschwertheit. Doch trotz ihres stetig ansteigenden Erfolges sind die zwei Brüder aus Regensburg auf dem Boden geblieben – und zwar wortwörtlich, denn bei ihren Live-Auftritten spielen sie lieber mal zwischen dem Publikum als auf der Bühne. Sympathie pur!

Foto: Hannah Zink
Foto: Hannah Zink

Old Vinyl: Wie geht es euch denn so?


Jakob: (lacht) Sehr gut! Es geht uns gut, Sonne ist da. Es ist noch ein bisschen zu früh, also wir haben noch nicht so viel geredet, sind noch nicht so richtig im Flow. Aber es ist schon alles sehr gut im Moment. Prinzipiell machen viel Musik und sind viel unterwegs, wenig zu Hause.


Seid ihr also keine Morgenmenschen?


Matti: (lacht) Nein.


Also ein klares Nein, haha. Ihr seid sehr viel unterwegs, na ihr wart ja gerade auf Tour. Auch in relativ großen Städten, was war das so für ein Input für euch? Was ist das für ein Gefühl auf so einer Tour zu sein?


J: Es war die Belohnung für alles, also jetzt auf die eigene Tour zu gehen. Wir haben halt ganz viele Supports gespielt für andere Künstler und dann jetzt vor den eigenen Leuten, die alle deine Texte können, die ersten ausverkauften Läden und so schrullige Texte wie "Tischtennisbälle" werden dann so mitgegröh

lt, das ist einfach… boah, die warme Dusche nach 'nem langen harten Arbeitstag.


Also man hat das Gefühl es hat sich gelohnt, jetzt seid ihr angekommen?


J: Genau, ja.


Hattet ihr einen Lieblingsauftritt oder einen Moment auf der Tour bei dem ihr sagt, das ist hängengeblieben, das werdet ihr noch in 10 Jahren euren Kindern oder später den Enkeln erzählen?


J: Naja, die Konzerte waren natürlich alle super schön, krass war die erste Show in Hannover. Die war gleich ausverkauft.

M: Was Jakob gerade schon gesagt hat. Du warst den ganzen Tag unterwegs und hast was gemacht, dann hast du die Bühne aufgebaut und hast nur gehofft, dass irgendwie alles gut läuft und dann stehen da irgendwie 200 Leute und singen deine Texte mit.


J: Für mich gab’s da so einen witzigen Moment in Frankfurt, da war irgendwas mit meiner Gitarre faul, die ging einfach nicht. Wir haben da diesen Song „Zehenspitzen“ und der is ja bei uns auch gerade der meistgestreamte Song, also alle feiern den und dann machen wir da immer ein "Blackout" bevor der Song anfängt, damit da eine Spannung aufgebaut wird und dann spielt Mattie das Gitarren-Intro. Und alle warten auf das zweite Gitarren Riff, dass da dann reinkommt. Und ich so: fuck - die Gitarre geht nicht. Ich fasse so alle Kabel an und probiere rum und alle Leute merken schon so, dass ich nervös werde. Und Matti spielt nochmal so sein Intro…

M: Ja haha bestimmt so 2 Minuten lang!


J: Und dann war ich so kurz davor ans Mikro zu gehen, weil es ist wirklich wichtig dass da die Gitarre funktioniert, anders kannst du den Song nicht spielen. Und ich so „Sorry Leute, die Gitarre ist kaputt also: Abbruch“. Alle lachen halt, wir haben eh ein mega Publikum, die verzeihen uns alles. Und dann so hey wir müssen jetzt so mal kurz schauen was los ist, da geht etwas nicht. Dann haben wir halt so rumgefieselt, rumgefieselt. Und dann aus irgendeinem Grund ging es plötzlich wieder. Nochmal Intro. Zack …..geht wieder nicht. Selbes Ding, wieder ewig Intro. Ok unangenehm, aber immerfort war die Stimmung gut. Irgendwann haben wir gestoppt und gedacht „Hey, das gibt es doch nicht.“ Dann nochmal ewig rumgefuchtelt und dann hab ich das einfach so gelassen. Aber sobald ich ein Pedal gedrückt habe, war’s halt wieder weg. Dann haben wir gesagt: „So Leute! Und jetzt nochmal als ob nichts gewesen wäre - ok?“ Also Blackout. Gitarrenintro. Und die Leute rasten aus. Wirklich als hätten sie so zum ersten Mal gemerkt, dass der Song kommt und dann hat alles funktioniert und es war so ne mega Energie.


M: Weil die Leute halt gecheckt haben, das ist live und da passieren auch voll viele Fehler und dann hat es halt umso mehr gefallen - das war cool.


J: Man sagt ja auch: Alle guten Dinge sind 3!



Ihr habt auch in Berlin ein Konzert gespielt und da gab es einen Moment, da seid ihr in die Menge hinein gegangen und habt im Publikum gespielt. Was ist das für ein Gefühl, wenn ihr bei euren Fans seid, sie sind um euch herum, praktisch Schulter an Schulter und singen eure Texte mit. Was macht das da mit euch?


M: Das is eine ultra-special Art von Energie, die da plötzlich kommt. Wenn man zu einer Masse verschmilzt und zusammen den Song singt. Dann nimmt man sich auch selbst zurück und verschmilzt zu so einem Brei und es ist halt cool, dass man einmal so nicht mehr der ist, der da vorne auf der Bühne steht und vor den anderen performt, sondern derjenige ist, der mit allen zusammen seinen Song singt.

J: Wir waren sowieso sehr überrascht von der Gesangs-Qualität, die unsere Fans so hatten. Teilweise war das so echt konkret, so Gospelchor mäßig. Mehrstimmig hat es da richtig geballert. Es war echt überall so sehr, sehr gut. Es war sehr cool.


Lasst uns über euer Zuhause reden. Ihr kommt ja aus dem Süden von Deutschland, wo ihr eure Sprungturm Sessions aufgenommen habt, die eher in der Natur ablaufen. Ihr macht Musik macht im Freien, was ja ein großer Kontrast zu den großen Städten ist, wo ihr vor ganz vielen Leuten spielt. Was ist denn am Einzelnen das Besondere, könnt ihr klassifizieren, was ihr daran schätzt entweder im einzelnen Musik zu machen oder eher vor vielen Leuten?


J: Also vor Leuten oder unter uns?



Ja, die ganze Atmosphäre von „Ich bin jetzt in der Natur.“ Die Vibes, die man da empfindet, oder in einer Stadt Musik zu machen.


J: Das ist 'ne interessante Frage. Also wirklich ohne Publikum, so wie bei den Sprungturm Sessions... Naja, ich mag’s, dass es da wirklich so direkt ist. Es ist schon ein Unterschied, ob du dich über Hunderttausende Tonabnehmer, über ’ne Anlage und einen In-Ear Monitor hörst, oder ob du in der Natur, deine Gitarre und Stimme hörst und einfach direkt aus dem organischen raus deinen Nachbarn und deine Band hörst. Ich würde nicht sagen, dass es mehr nach Feinheiten geht, weil du hörst dich ja auch im In-Ear… Es ist so direkt und ehrlich, so ein bisschen...


So eine Rohversion von dem, was du dann empfindest?


J: Absolut, absolut!



Jetzt hab ich das für dich erklärt, aber das kam mir grad so in den Sinn.

J: ja nee voll!



Habt ihr Geschwister? Machen die auch Musik?


M: Ja, drei. Die haben auch schon Kids und sind gerade dabei, diese fleißig zu Musikern zu erziehen. Aber beruflich eher nicht, da haben die alle einen richtigen Job.


J: Dadurch, dass unser Vater Musiklehrer ist, haben alle früher irgendwas gelernt. Und die sind alle irgendwie in Chören und haben alle musikalisch was drauf, können singen oder konnten mal ein Instrument spielen. Aber es hat niemand so Feuer gefangen, wie wir.


Also würdet ihr schon sagen, dass ihr von Euerm Elternhaus musikalisch geprägt worden und auf den Weg gebracht worden seid? Hat es euch beeinflusst?


M: Klar, volle Kanne.


Wenn ihr jetzt keine Musik machen würdet, welchen Beruf würdet ihr ausüben? Könnt ihr euch das überhaupt vorstellen, was anderes zu machen?


M: Ich wäre glaube Tourmanager von einer Band! Das würde mir glaube ich Spaß machen, ja.


J: Ich hätte schon Bock, Sportlehrer oder an der Uni was mit Sport zu machen. Ich hab ja auch Lehramt Sport studiert, aber beruflich jetzt nicht weiter verfolgt.


Ihr habt ja eure Debüt-EP aufgenommen und auch herausgebracht. Wie war der Prozess so im Studio, was hat da so auf euch eingewirkt?


J: Das war ein ganz besonderer Prozess, weil Matti und ich komplett alles zu zweit aufgenommen haben mit unserem Produzenten Jens. Das heißt, wir haben jetzt nicht irgendwie die Band ins Studio geholt, sondern haben einfach gespielt und alles selber ausgecheckt und gestaffelt. Dadurch ist der Klang glaube ich auch relativ special geworden. Ansonsten war es so, dass wir die Songs schon als Demo aufgenommen hatten und deshalb sowieso eine relativ klare Richtung vorgegeben hatten die wir machen wollten. Das war also nicht mehr so der mega Act im Studio.


Ihr seid einfach rein und wusstet was ihr wie machen wollt und habt versucht das dann genau so umzusetzen?


J: Ja genau.



Also schon sehr strukturiert. Wir arbeiten ja auch mit Musikern zusammen und bei den kreativen Köpfen muss man häufig mehr Zeit einplanen. 
Habt ihr noch was größeres wie ein Album in Planung?
J: Voll, ja! Nächstes Jahr kommt unsere Platte. Wir werden weiter Songs veröffentlichen und nächstes Jahr kommt dann das Album.

 

Ihr wisst also, wo ihr hinwollt. Ihr spielt diesen Sommer auch auf dem Reeperbahn Festival, habt ihr noch weitere Festivals geplant?


J: Ja, wir spielen auch auf dem Wattenschlick, Gerngeschehen und Zuparken Festival. Lauter coole Sachen. Sehr viel am Strand witzigerweise.


Also der See und das Wasser wieder.


M: Ja, Ostsee und Nordsee Strand.


J: Wir spielen noch ein paar coole Supports. Und ja das wird alles ganz spannend.


Dann haben wir noch zwei etwas besondere Fragen. Und zwar einmal:


Ihr habt ja das bekannte Lied „Tischtennistag“. Wie sieht denn der perfekte Tischtennistag für euch aus? Was darf denn überhaupt nicht fehlen dabei?


M: (lacht) Hör dir den Song an… Spaß.


J: Der perfekte Tag ist glaube ich echt so früh aufstehen… 8 Uhr ungefähr. Kaffee trinken, eine halbe Stunde nicht reden, den Song schreiben - bis um halb 2 etwa. Dann lecker essen und mit vielen Freunden treffen, Tischtennis spielen, Bier trinken und dann abends halb 11 betrunken ins Bett gehen.
M: Ja das klingt gut. (lacht)


J: Wobei die richtige körperliche Betätigung fehlt dann noch.


M: Ja, man muss zur Tischtennisplatte 5-10km Radfahren, fährt dann aber mit einem Kumpel im Auto zurück.


J: Nee, schon mit dem Rad.


M: Echt?


J: Ja klar, das bringt einen wieder runter.



Das macht einen nüchtern zum schlafen dann.


J: Ja genau.


Und letzte Frage: Eure Musik erinnert ein bisschen an Freiheit, man fährt mit dem Auto irgendwo lang auf einem Roadtrip. Wo würde denn euer nächster Roadtrip hingehen, wenn ihr jetzt direkt losfahren könntet?


J: Ich würde wahnsinnig gerne richtig Südfrankreich oder San Sebastián in Nordspanien, irgendwo da am Atlantik oder Pyrenäen oder so...

M: Ich würd’ glaube ich einfach bei Jakob mitfahren, der kann vor Ort immer gut Sachen auschecken. (beide lachen)


Sehr schön. Danke euch, das wars auch schon!

J: Danke euch, hat uns sehr gefreut.

 


 

(c) Aline Bosche & Hannah Zink, 15. Juli 2019